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    Kurz vor seinem Ruhestand beklagt Dekanatsjugendreferent Nicolay Folgen der Pandemie

    „Kindern müssen wir gerade jetzt Räume für ihre Lebensfreude bieten“

    H. WiegersGeht nach fast 40-jähriger Arbeit im Kinder- und Jugendbereich in den Ruhestand: Dekanatsjugendreferent Paul Nicolay

    „Wer bisher am meisten unter Corona gelitten hat, das sind die Kinder. Ein Sechsjähriger hat z. B. ein Drittel seines Lebens mit dieser bedrohlichen Erfahrung und quasi hinter der Maske verbracht. Das wird Spätfolgen haben.“ Wer sich mit dem Pädagogen Paul Nicolay unterhält, merkt bald, dass ihm die derzeitige Situation von Kindern und Jugendlichen in der Pandemie sehr nahe geht.

    „Wer bisher am meisten unter Corona gelitten hat, das sind die Kinder. Ein Sechsjähriger hat z. B. ein Drittel seines Lebens mit dieser bedrohlichen Erfahrung und quasi hinter der Maske verbracht. Das wird Spätfolgen haben.“ Wer sich mit dem Pädagogen Paul Nicolay unterhält, merkt bald, dass ihm die derzeitige Situation von Kindern und Jugendlichen in der Pandemie sehr nahe geht – immer noch. Immer noch, weil der Dekanatsjugendreferent des Evangelischen Dekanats Ingelheim-Oppenheim nach fast 40-jähriger Arbeit im Kinder- und Jugendbereich – zunächst für die katholische später für die evangelischen Kirche – ab dem 1. Februar 2022 in den Ruhestand geht.

     

    Innovative digitale Projekte um den Kontakt mit den Kindern aufrecht zu halten

    In seinen letzten beiden Berufsjahren hat sich der gebürtige Cochemer, der mit einem Stellenanteil auch Gemeindepädagoge der Evangelischen Christus- und Johanneskirchengemeinde in Bingen ist, zwar ein paar innovative Projekte einfallen lassen, um den Kontakt zu den Kindern und Jugendlichen trotz Pandemie aufrecht zu erhalten. So konzeptionierte er Weihnachten 2020 und 2021 YouTube-Krippenspiele und einen digitalen Adventskalender, der 2021 über 200 Abonnent:innen hatte. Aber natürlich ist ihm bewusst, dass digitale Angebote längst nicht ausreichen, um Kinder und Jugendlichen durch diese Krise zu helfen. „Aber im Moment“, erklärt er, „haben wir kaum eine Chance, Kindern Erfahrungsräume zu bieten, in denen sie ihre Lebensfreude ausleben können“. Nicolay sieht die Gefahr, dass unser Nachwuchs durch die Pandemie ein Schuldgefühl ähnlich wie bei der Trennung der Eltern entwickelt. „Und dass tut mir unendlich leid für die Kinder. Eigentlich bräuchten sie professionelle Hilfe, um diese Erfahrung gut meistern zu können.“

     

    „Jugendarbeit ist zu 80 Prozent Beziehungsarbeit“

    Der 65-jährige Dekanatsjugendreferent weiß, wovon er spricht. Seit 1985 arbeitet er in der kirchlichen Kinder- und Jugendarbeit. U. a. betreute er ein Ausgrabungsprojekt im Binger Wald für benachteiligte Jugendliche. Auch hier ging es darum, den Jugendlichen einen Raum zu bieten, in dem sie Erfahrungen sammeln konnten, um so auch Antworten für ihr Leben zu finden.  „Denn“, so Nicolay, „Jugendarbeit ist zu 80 Prozent Beziehungsarbeit. Und deshalb ist bei unseren Angeboten weniger das Ergebnis von Bedeutung, viel wichtiger ist der Prozess, der zu diesem Ergebnis führt.“

     

    „Heute gehen die Kinder unbelasteter an religiöse Themen ran“

    Im Vergleich zu früher, als der gebürtige Cochemer kurz nach seinem Abschluss an der katholischen Fachhochschule für Religionspädagogik in Mainz seine pädagogische Arbeit in Rheinhessen aufnahm, hat sich so einiges im Leben der Kinder und Jugendlichen verändert. So gibt es zum Beispiel viel mehr Einzelkinder und in den Familien findet kaum noch eine religiöse Sozialisation der Kinder statt. „Ich sage das ganz wertfrei“, erklärt Nicolay, „Es ist einfach so und hat auch durchaus Vorteile, wie z. B. den, dass die Kinder viel unbelasteter an religiöse Themen rangehen“. Und natürlich seien die Freizeitangebote für Kinder und Jugendliche wesentlich vielfältiger geworden. Der Pädagoge spricht hier von einer Reizüberflutung, und die Kinder und Jugendlichen würden oft mit diesem Riesenangebot allein gelassen. „Wie sollen sie beurteilen was jetzt für sie richtig und wichtig ist?“, fragt Nicolay, „Die Auswahl setzt die Kinder unter Druck. Sie könnten ja etwas verpassen.“ An diesem Punkt übernimmt, so Nicolay, die Gemeindepädagogik eine wichtige Aufgabe: „Denn ich mache mich mit den Kindern auf die Suche, was denn jeder einzelne braucht. Wir gehen offen auf die Kinder zu, hören ihnen zu, bieten ihnen einen Erlebnisraum, in dem sie sich ausprobieren können.“

     

    Ein lang gehegter Traum: eine Rundtour durch Südeuropa

    Die Angebote, die der Pädagoge im Laufe seines Berufslebens Kindern und Jugendlichen gemacht hat, sind vielfältig. In den Kirchengemeinden und im Dekanat hat er im Bereich Konfirmandenarbeit und bei den Pfadfinder:innen gearbeitet, unzählige Kindergottesdienste, (Dekanats-)Kinderkirchentage und Freizeiten gestaltet und organisiert, kreative Sommerferienangebote und Schulungen für Kindergottesdienst-Mitarbeitende gemacht, aber auch Kinder- und Jugendgottesdienste mit viel Musik gestaltet. Apropos Musik – Musik hat der künstlerisch begabte Pädagoge auch viel in seiner Freizeit gemacht – u. a. spielt er immer noch in der von ihm mitgegründeten Musikgruppe „Rossignol“. Dazu reist und wandert er gerne mit seiner Frau und möchte sich, sobald es die Pandemie möglich macht, einen lang gehegten Traum verwirklichen: mit dem VW-Bus vier Monate lang durch Südeuropa fahren – zu möglichst viel antiken Stätten, denn seit er als Kind die griechische Sagenwelt entdeckt hat, fasziniert ihn das Leben der „alten“ Römer und Griechen, auf deren Kultur viele unserer politischen und ethischen Vorstellungen zurückgehen. Im Februar könnte es also losgehen, aber dann heißt es auch „Loslassen“ für Paul Nicolay von seinem geliebten Pädagogen-Beruf, aber das, so sagt er, sei für ihn kein Problem, „denn das gehörte auch zu meinem Beruf, dass wir mit den Kindern ein Stück weit gemeinsamen Weges gegangen sind, um sie dann wieder loszulassen. Und so freue ich mich auf die neuen Begegnungen, die ich auch im Ruhestand haben werde.“ Wer sich von Paul Nicolay verabschieden und ihm alles Gute für seinen neuen Lebensabschnitt wünschen möchte, der kann dies am 18. März 2022 um 17:00 Uhr bei einem natürlich sehr musikalischen BasiX-Jugendgottesdienst in der Christuskirche in Bingen-Büdesheim tun.

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